Psychotherapie als zentrale Behandlung bei dissoziativen Störungen
Individuelle Therapieansätze für eine bessere Bewältigung
Dissoziative Störungen sind oft komplex und vielschichtig. Deshalb steht die Psychotherapie im Mittelpunkt der Behandlung. Ziel ist es, traumabezogene Symptome zu bewältigen, die Kontrolle über dissoziative Zustände zu verbessern und die Integration der Persönlichkeit zu fördern.
Zusätzlich kann eine multimodale Therapie sinnvoll sein, die verschiedene Ansätze kombiniert – etwa medikamentöse Unterstützung, Bewegungs- oder Kunsttherapie sowie Paar- und Familientherapie.
Behandlungsphasen der Psychotherapie
Die Therapie dissoziativer Störungen orientiert sich häufig an der Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und erfolgt in drei zentralen Phasen:
- Stabilisierungsphase – Aufbau von Sicherheit, Symptomkontrolle und Stärkung der Ressourcen
- Expositionsphase – Bearbeitung und Integration traumatischer Erlebnisse
- Neuorientierungsphase – Rückkehr in den Alltag und langfristige Stabilisierung
1️⃣ Stabilisierungsphase: Sicherheit und Kontrolle über Symptome
- Aufbau von Vertrauen und Sicherheit Die Therapeutin schafft eine sichere Umgebung und klärt die Patientin über die Erkrankung auf (Psychoedukation). Die Patientin erfährt, warum sie dissoziiert und wie sie ihre Symptome besser verstehen kann.
- Strategien zur Bewältigung von Stress und Dissoziationen
Die Patientin lernt Techniken, um frühzeitig zu erkennen, wenn sie in einen dissoziativen Zustand gerät, und diesen zu stoppen. Dazu gehören:
- Atemübungen
- Bewegungstechniken (Herumlaufen, Springen)
- Starke Sinnesreize (kaltes Wasser, laute Geräusche)
- Krisenmanagement Falls noch traumatische Belastungen bestehen (z. B. Kontakt zu Tätern oder belastende Beziehungen), wird zunächst die Sicherheit der Patientin gewährleistet. Eine Traumabearbeitung erfolgt erst, wenn sie sich stabil genug fühlt.
2️⃣ Expositionsphase: Traumaverarbeitung und Integration
In dieser Phase geht es darum, verdrängte oder abgespaltene Erinnerungen schrittweise bewusst zu machen und zu verarbeiten. Dabei kommen schonende Verfahren zum Einsatz, um die Patientin nicht zu überfordern.
- Methoden zur Traumakonfrontation
- Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR): Durch Augenbewegungen wird die Verarbeitung belastender Erinnerungen erleichtert.
- Bildschirmtechnik: Die Patientin stellt sich das Trauma wie auf einem Bildschirm vor, um Distanz zu gewinnen.
- Narrative Exposition: Die Patientin erzählt ihre Geschichte strukturiert, um sie als Teil ihres Lebens einzuordnen.
- Ziel: Kontrolle über Erinnerungen erlangen Die Patientin soll lernen, dass die traumatischen Erlebnisse zur Vergangenheit gehören und sie heute nicht mehr in Gefahr ist.
- Hypnose als ergänzende Methode In manchen Fällen kann Hypnose helfen, abgespaltene Erinnerungen zugänglich zu machen.
3️⃣ Neuorientierungsphase: Integration ins Leben
- Rückkehr in den Alltag
Nach der Verarbeitung der Traumata geht es darum, den Alltag wieder eigenständig zu gestalten. Die Patientin arbeitet an:
- Selbstfürsorge
- Sozialen Beziehungen
- Beruflicher und persönlicher Stabilität
- Aufarbeitung weiterer Belastungen Oft gibt es noch ungelöste Probleme oder Konflikte, die in dieser Phase bearbeitet werden.
- Individuelle Anpassung der Therapie
Bei einigen dissoziativen Störungen sind besondere Maßnahmen nötig:
- Dissoziative Identitätsstörung (multiple Persönlichkeitsstörung): Die verschiedenen Persönlichkeitsanteile sollen miteinander kommunizieren und nach Möglichkeit integriert werden. Eine vollständige Fusion ist nicht immer erforderlich, wichtiger ist die Kooperation der Anteile.
- Dissoziative Bewegungs- und Empfindungsstörungen: Viele Betroffene glauben zunächst, eine körperliche Erkrankung zu haben. Die Therapeutin hilft ihnen zu verstehen, dass die Symptome psychische Ursachen haben und nicht eingebildet sind. Erst nach dieser Erkenntnis kann die eigentliche Therapie beginnen.
Fazit: Psychotherapie als Schlüssel zur Heilung
Warum ist Psychotherapie so wichtig?
- Sie hilft, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten.
- Sie ermöglicht den Betroffenen, wieder Kontrolle über ihr Leben zu erlangen.
- Sie reduziert dissoziative Symptome und verbessert die Lebensqualität.
Mit einer individuell angepassten Therapie ist es möglich, dass Betroffene lernen, ihre Symptome zu kontrollieren, ihre Vergangenheit zu integrieren und langfristig stabil zu bleiben.